3/28/2019 0 Comments ÁgaEndlose Schnee-Landschaften, ein glasblauer Himmel, eine Jurte: Hier, in den Eiswüsten des Nordens leben Sedna und ihr Mann Nanook. Die beiden Alten sind für sich. Die einzige Tochter, Aga, ist schon lange weggegangen, um in einer Diamantmine Arbeit zu finden. Das Dasein in der weißen Einsamkeit der Wildnis ist mühsam. Nanook geht auf Rentierjäger, aber die Jagd wird immer schwerer. Selbst einen Fisch zu fangen, ist ihm seit Tagen nicht gelungen, erzählt er Sedna, während sie ihm die schweren Fellstiefel auszieht. Ihr Alltag folgt den gleichen Abläufen und Ritualen, man lebt noch immer in der Tradition ihrer Vorfahren. Kann das so bleiben? Selbst der Frühling, sagt Nanook, kommt immer früher. Wie in der klassischen Literatur ist die Natur zugleich Spiegel der inneren Befindlichkeiten der Protagonisten. Grandiose, unbewegte Einstellungen. Der zweite Spielfilm des bulgarischen Regisseurs Milko Lazarov kennt keine Eile. Die Kamera nimmt sich alle Zeit, um uns eine Lebenswelt zu zeigen, die im 21. Jahrhundert geradezu anachronistisch wirkt. Vor allem in den Außeneinstellungen ist 'Aga' ein Film der starken Bilder: Nanooks Fahrten mit dem Hundeschlitten durch die endlosen Schneelandschaft, das Fischen in einem Loch, das er mit einer Hacke ins Eis schlägt, das Vorbereiten der Tierfallen – Kameramann Kaloyan Bozhilov hat 'Aga' durchgängig in grandiosen, unbewegten Einstellungen gefilmt. Tiefe Vertrautheit eines alten Paares. In der Jurte ist 'Aga' ein Film voller Geschichten. Kein Fernseher, kein Strom, keine Nachbarn, stattdessen erinnern sie sich immer wieder an die Legenden ihres Volkes. An einem Abend beschreibt Sedna einen Traum von einem Jungen, der sich in einen Bären und dann in einen Mann verwandelte, der sie mit in seine Höhle nahm, die übersäht war von Sternen. Bei einem Verkehrsunfall in Moormerland ist am Freitagnachmittag ein Junge lebensgefährlich verletzt worden. Er war aus einem Kleinbus gestiegen und laut. Einmal bittet Nanook seine Frau, ihm ein Lied vorzusingen. Ein anderes Mal schneidet sie ihm mit einem Messer den Bart. Und in einer Szene blicken wir minutenlang auf den kleinen Tisch mit Lampe, während wir hören, wie sich die beiden auf ihrem Lager unterhalten. Selten hat ein Film auf so einfache und wunderschöne Weise von der tiefen Vertrautheit eines alten Paares erzählt. Áfa TörvényNur über ihre Tochter Aga möchte Nanook nicht reden. Dass sie weggegangen ist, kann er ihr nicht verzeihen: 'Die Hauptsache ist, dass die Familie zusammenbleibt', sagt er einmal. Doch Sedna ist schwer krank. Als sie stirbt, beschließt Nanook ihren größten Wunsch zu erfüllen und Aga zu finden. Die Stille im Eis. 'Aga' ist ein Film über die Liebe, Tradition und eine Kultur, deren Existenz zunehmend gefährdet ist. Über weite Strecken wirkt der Film fast dokumentarisch, doch mehrfach wird die beobachtende Ästhetik bewusst durchbrochen mit hochemotionalen Großaufnahmen, wie wir sie von Visconti kennen, unterlegt mit der düsteren 5. Sinfonie von Gustav Mahler. Anfangs wollten sie die Story bei den Inuits ansiedeln, erzählt Regisseur Milko Lazarov auf der Berlinale-Pressekonferenz. Ága Boga Nagycsaládosok Érdi EgyesületeMan habe sich aber dafür entschieden, eine universelle Geschichte der arktischen Völker zu erzählen. Gedreht wurde 'Aga' übrigens in Jakutien, auf dem Fluss Lena, bei Temperaturen von unter 30 Grad Celsius. Es soll hier nicht verschwiegen werden: Die verlangsamte, verhaltene Narration ist eine Herausforderung für unsere Sehgewohnheiten und wird irgendwann ermüdend. Doch weil sich der Film so viel Zeit lässt, gibt er uns auch genügend Raum, unsere eigenen Gedanken fließen zu lassen. Der Vergleich drängt sich förmlich auf: das Stillleben im Eis, wie aus der Zeit gefallen, draußen die Berlinale-Hektik am Potsdamer Platz. Ist es das verlorene Paradies, das wir da sehen oder einfach eine archaische Lebensform, die sich überholt hat? Wäre die Stille, soviel Einsamkeit und Nähe überhaupt erträglich? Der Goldene Bär für 'Touch Me Not' ist die überraschendste Auszeichnung der Berlinale seit Jahren. Auch wenn der Film seine Mängel hat, ist das keine schlechte Entscheidung - in einem Jahrgang, der schwach begann, sich aber deutlich steigerte. In seinem auf der Berlinale außer Konkurrenz im Wettbewerb uraufgeführten „Ága“ erzählt der bulgarische Regisseur Milko Lazarov eine kleinstmögliche (aber deshalb nicht weniger dramatische) Geschichte in den größtmöglichen Bildern. In der kargen Eiswüste Jakutiens, hoch oben im Nordosten des asiatischen Teils Russlands, lebt der Eisfischer Nanook (Mikhail Aprosimov) mit seiner Frau Sedna (Feodosia Ivanova) allein in einer Fellhütte, ihre erwachsenen Kinder sind längst weggezogen In traumhaften Tundrapanoramen wird der Alltag des Paares gezeigt, etwa wie Nanook mit dem Hundeschlitten hinausfährt und zunächst routiniert das Eis abklopft, um so eine passende Stelle zu finden, an der er anschließend mühevoll sein etwa ein Meter tiefes Fischerloch picken kann.
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April 2019
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